Sony Playstation schweigt zu Lizenzrechtsverletzungen auf Difmark.com
Der estländische Marktplatzbetreiber Difmark.com lockt Gamer mit günstigen Lizenzcodes, darunter für zahlreiche Sony Playstation 5-Spiele. Auf Online-Bewertungsportalen wie Trustpilot äußern sich immer mehr Kunden besorgt über die Handelsplattform und das Geschäftsgebaren der dortigen Verkäufer. Besonders kritisch muss die Tatsache gesehen werden, dass ganze Sony Playstation-Accounts gehandelt werden. Beim sogenannten Account Sharing teilen sich die Nutzer ein und denselben Zugang. Das jedoch kommt einer Lizenzrechtsverletzung von Sony Playstation und den Spieleentwicklern gleich. Doch anstelle sich klar gegen die illegalen Machenschaften auf Difmark.com zu positionieren, schweigt sich Sony Interactive Entertainment bislang aus. Warum?
Armin Förster (Name von der Redaktion geändert) hat ein Schnäppchen gemacht und das PS5-Spiel “God of War Ragnarök” günstig online erworben. Im Playstation-Store hätte er für dieses sehr begehrte PS5-Spiel 69,99 Euro bezahlt (offizieller Preis für deutsche PS5-Nutzer bei Redaktionsschluss). Eine Google-Recherche führte ihn zum vermeintlich günstigsten Anbieter, der auf dem Online-Marktplatz Difmark.com inseriert hat. Hier zahlte er für “God of War Ragnarök” nur 20,37 Euro. Kann das wirklich sein?
Die Aufmachung der Website erscheint seriös. Da Armin Förster die Plattform nicht kennt, recherchiert er sicherheitshalber erstmal online zu Erfahrungsberichten anderer Kunden. Trustpilot listet immerhin über 4.800 Bewertungen zu Difmark.com auf. Im Schnitt mit 3,5 von 5 Sternen. Das scheint ihm trotz diverser Kundenkritiken einen Versuch wert zu sein und entscheidet sich für den Kauf.
Kein günstiger Lizenzcode, sondern illegales Account Sharing
Dann die unschöne Überraschung: Es handelt sich gar nicht um einen günstigen Lizenzcode, den er erworben hat, sondern um Zugangsdaten zu einem PS5-Account, den er sich mit vielen Nutzern gleichzeitig teilen soll. Dies kommt einer klaren Lizenzrechtsverletzung von Sony Interactive Entertainment und den Spieleentwicklern gleich. Armin Förster weigert sich diesen illegalen Account zu nutzen und fordert umgehend sein Geld zurück.
Tage vergehen ohne Reaktion. Dann endlich eine Antwort des Verkäufers: Er verweigert ihm die Rückerstattung. Armin Förster fühlt sich hintergangen und setzt sich zur Wehr. Als er auf Trustpilot eine kritische Bewertung veröffentlicht, schenkt ihm plötzlich der Plattformbetreiber Difmark.com seine Aufmerksamkeit und vermittelt.
Kunden werden zum Löschen von kritischen Bewertungen genötigt
Tatsächlich meldet sich einige Tage später der Verkäufer. Er bietet eine vollständige Rückerstattung an, wenn die Bewertung vorher auf Trustpilot gelöscht wird. Armin Förster willigt notgedrungen ein, um sein Geld wiederzuerhalten. Immerhin wird ihm sein Geld nach etlichen Diskussionen und vielen entnervten Stunden sogar tatsächlich zurückerstattet.
So ergeht es Hunderten von Kunden, die auf die Angebote der fragwürdigen Verkäufer hereinfallen, die sich auf Difmark.com tummeln. Manche davon sehen ihr Geld nie wieder. Eine Nutzerin schildert auf Trustpilot ihre Negativerfahrung mit einem Anbieter für ein von ihr erworbenes Nintendo-Spiel wie folgt:
“Vorsicht: illegales gewerbliches Accountsharing mit der Gefahr eines Bans”
“Achtung: Der Verkäufer GameGiver verkauft einem die Spiele per AccountSharing. Das verstößt gegen die Nutzungsbedingungen von Nintendo. Man erhält das Spiel zwar, aber es besteht die Gefahr, dass man von Nintendo gebannt wird. Wartet lieber auf ein Angebot im Nintendo eShop, damit seid ihr preislich ähnlich und rechtlich auf der sicheren Seite!”
Sony Playstation: “Kein Statement”
Wir kontaktieren Sony Interactive Entertainment und wollen wissen, ob dem Konzern die Machenschaften auf Difmark.com bekannt sind und was man aktiv dagegen unternimmt. Die Fragen im Einzelnen:
1. Die Plattform Difmark.com ermöglicht das Handeln von Logins unter anderem für Sony Playstation-Spiele wie zum Beispiel “God of War Ragnarök”, siehe: https://difmark.com/de/buy-console-account-god-of-war-ragnarok-ps5-79893
Ist Sony Playstation bekannt, dass Difmark.com entgegen den Nutzungsbedingungen von Sony Playstation Anbietern den Handel von Shared Accounts ermöglicht?
2. Gibt es weitere Plattformen, gegen die Sony Playstation bereits vorgeht und wenn ja, welche?
3. Welche Maßnahmen hat Sony Playstation konkret ergriffen, um die Plattformen vom Verstoß gegen die Nutzungsbedingungen von Sony Playstation-Spielen abzuhalten?
4. Welche Konsequenzen kann es für Anbieter haben, die Shared Accounts in Umlauf bringen?
5. Welche Konsequenzen kann es für Käufer haben, die Shared Accounts erwerben?
6. Wie hoch beziffern Sie den wirtschaftlichen Schaden, der durch Shared Accounts und andere illegale Lizenzverletzungen jährlich für die Lizenzgeber von Sony Playstation-Spielen entsteht?
Die Antwort von Sony Interactive Entertainment fällt kurz und knapp aus: “Zum aktuellen Zeitpunkt wird es zu Ihren Fragen seitens Sony Interactive Entertainment kein Statement geben.”
Warum informiert Sony Interactive Entertainment die Öffentlichkeit nicht?
Diese Frage muss für den Moment spekulativ beantwortet werden, weil Sony Interactive Entertainment zum jetzigen Zeitpunkt nicht aktiv zur Aufklärung beitragen will. Möglicherweise sind seitens Sony Interactive Entertainment bereits rechtliche Schritte gegen Difmark.com und diverse Verkäufer auf diesem Online-Marktplatz eingeleitet worden. Von daher will man nicht über den Stand einer möglichen rechtlichen Auseinandersetzung berichten.
Eine Öffentlichmachung seitens Sony Interactive Entertainment könnte auch die Spieleentwickler verstärkt auf den Plan rufen, die in Folge von weltweitem illegalen Account Sharing und anderen Lizenzrechtsverletzungen vermutlich jährlich um hohe Millionensummen gebracht werden. Eine solche Unruhe will man unter allen Umständen vermeiden und möglichst ohne Beteiligung der Öffentlichkeit und damit der Kunden unauffällig ausfechten.
Sony Interactive Entertainment will Kunden zum digitalen Lizenzerwerb erziehen
Eine Gefahr besteht auch darin, dass sich Sony Playstation-Kunden, die bereits den Kauf von Online-Lizenzen praktizieren, infolge negativer Online-Kauferfahrungen wieder vermehrt zum Erwerb von Spielen auf BluRay-Discs tendieren, um das Spiel auch sicher zu besitzen.
Diesen Rückschritt will Sony Interactive Entertainment natürlich ausschließen, denn auf dem ungeliebten Spiele-Zweitmarkt ist für die Japaner nichts zu verdienen. Daher will man den Kunden zum digitalen Lizenzerwerb über den Playstation Store erziehen. Dort kann man nach Belieben die Lizenz-Preise und den Wettbewerb unter den Spieleentwicklern steuern.
Für diese These spricht auch die Tatsache, dass Sony Interactive Entertainment immer mehr Playstation 5-Modelle ohne BluRay-Laufwerk anbietet. Der Download soll in möglichst kurzer Zeit die BluRay-Discs ablösen.
Ergänzend zum oben genannten Fragenkatalog wollten wir in dieser Angelegenheit zudem von Sony Interactive Entertainment wissen, warum es notwendig ist, bei Verwendung von Spielen auf BluRay-Discs den Datenträger im Laufwerk der Playstation zu belassen, obwohl dies einen unnötigen Mehraufwand und eine Benachteiligung gegenüber Nutzern darstellt, die sich für die Online-Lizenz mit Download entschieden haben?
Freilich steckt dahinter nacktes Kalkül, um den Nutzern die Vorzüge des Online-Kaufs zu verdeutlichen. Erwartungsgemäß blieb Sony Interactive Entertainment auch hier eine offizielle Antwort schuldig.